• Medikamente und Mikrobiom

Wechselwirkung zwischen Arzneimitteln und Mikrobiom

Von |2024-03-18T19:04:42+01:00März 9th, 2022|Kategorien: Mikrobiom|Tags: , , |
Patientenbroschüre Fructose Histamin Reizdarm kostenlos bestellen

Darmbakterien speichern Medikamentenwirkstoffe

Von Dr. Evelyn Zientz

Wenn wir Medikamente einnehmen, behandeln wir damit nicht nur uns, sondern auch das Mikrobiom in unserem Darm. Bei einer Antibiotikabehandlung ist uns der Zusammenhang schon lange bewusst. Aber auch andere Medikamente gehen Wechselwirkungen mit den Darmbakterien ein. Dadurch kann sich ihre Wirksamkeit, Toxizität oder Bioverfügbarkeit verändern. Dass Bakterien Medikamente verändern können, weiß man schon lange. Aber funktioniert das auch umgekehrt? Können Medikamente auch das Mikrobiom verändern?

Dieser Frage sind Forscher aus Heidelberg und Cambridge nachgegangen. Sie untersuchten das Schicksal verschiedener Medikamente im Zusammenspiel mit unserem Darm-Mikrobiom. Dazu wählten sie 25 Arten gängiger Darmbakterien aus und kultivierten sie zusammen mit 15 verschiedenen Medikamenten aus verschiedenen Wirkstoffgruppen. Sie untersuchten also 375 einzelne  Kombinationen von Bakterien und Arzneimitteln auf mögliche Wechselwirkungen.


Die Besiedlung des Darms mit nützlichen, probiotischen Bakterien ist von entscheidender Bedeutung für seine Gesunderhaltung. Die regelmäßige Zufuhr von “positiven” Darmbakterien unterstützt das harmonische Gleichgewicht der Bakterienstämme, denn pathogene Bakterien und Pilze werden von nützlichen Darmbakterien aus ihrem Lebensraum verdrängt. Abdigan Kapseln wurden speziell zu diesem Zweck entwickelt. Sie bieten ein großes Spektrum an hochdosierten Lebendkulturen, die in einer gesunden Darmflora vorkommen. Mit nur einer Kapsel pro Tag leisten Sie so einen entscheidenden Beitrag für Ihre Darmgesundheit. Mehr Info… (gesponsert)


Bakterien reichern intrazellulär Medikamente an

Dabei deckten sie 29 neue, bisher nicht beschriebene Wechselwirkungen zwischen 18 verschiedenen Spezies und sieben Medikamenten auf. In 17 Fällen fand eine reine Anhäufung der Wirkstoffe in der Bakterienzelle statt. Man spricht hier von Bioakkumulation. In zwölf Fällen fand eine Biotransformation statt und der Wirkstoff wurde enzymatisch modifiziert.

Das Antidepressivum Duloxetin beispielsweise wurde von vier Bakterienarten angereichert. Das Medikament gehört zur Klasse der selektiven Serotonin Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (SSNRI), die die Beschwerden einer Depression dadurch lindern sollen, dass sie die Verfügbarkeit der Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin zeitlich verlängern, indem sie den Rücktransport in die Zelle hemmen.

Das Medikament ist dafür bekannt, Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt hervorzurufen und deshalb fanden die Forscher es für die Untersuchung bezüglich des Darm-Mikrobioms besonders interessant. Insgesamt reagieren Patienten sehr unterschiedlich auf das Präparat. Das könnte damit zu tun haben, dass auch unser Darm-Mikrobiom eine sehr individuelle Gesellschaft ist. Manche lassen das Medikament vielleicht links liegen, andere stürzen sich mit Begeisterung darauf.

Der Wirkstoff verändert den bakteriellen Stoffwechsel

Es stellte sich heraus, dass die Bakterien den Wirkstoff nicht modifizieren. Stattdessen bindet dieser an bestimmte bakterielle Enzyme und verändert deren Aktivität und damit auch ihre Metabolite. Jetzt gibt es neue, bisher unbekannte Stoffe im Ökosystem Darm. Wie gehen die anderen Bakterien damit um? Fördert oder hemmt es ihre Vermehrung? Das ist im Grunde egal, aber wenn sich die Wachstumsrate relativ zu der der Konkurrenz ändert, werden manche Arten ausgedünnt und neue dominieren die Szene. In der Tat veränderte sich die Zusammensetzung des Mikrobioms deutlich durch das neue unbekannte Futter und zog so vermutlich weitere Veränderungen nach sich.

Medikamentenwirkung lässt sich mit Bakterien übertragen

Und was ist mit der Wechselwirkung zwischen den Bakterien und dem Wirt? Auch hier passiert etwas, das erkennt man am Verhalten des Wirtes, in diesem Fall dem Fadenwurm C. elegans, einem beliebten Modellorganismus der Mikrobiomforscher. Wenn C. elegans Bakterien in seinem Darm enthält, die zuvor die Gelegenheit hatten, das Medikament anzureichern, zeigt der Wurm ein deutlich anderes Verhalten, als wenn man ihn mit nicht akkumulierenden Bakterien konfrontiert. Die Wirkung des Medikaments lässt sich sozusagen mit den Bakterien übertragen.

So ist es möglicherweise nicht der Wirkstoff selbst, sondern seine Metabolite, der für die Wirksamkeit von Arzneimitteln verantwortlich ist.

Das würde erklären, warum manche Patienten auf bestimmte Medikamente besser ansprechen. Sie beherbergen das passende Mikrobiom. Und es würde ermöglichen, Patienten mit ganz persönlich auf sie abgestimmten Medikamenten zu behandeln.

Quelle: Klünemann, Martina et al. “Bioaccumulation of therapeutic drugs by human gut bacteria.” Nature vol. 597,7877 (2021): 533-538. doi:10.1038/s41586-021-03891-8


Fotonachweis: (c) adobe media, Pharmacist in pharmacy drugstore. Von I Viewfinder

Abdigan probiotische Kapseln

AUTORIN

Dr. Evelyn Zientz

KATEGORIE

Mikrobiom

GEPOSTED AM

09. März 2022

Aktuelle Beiträge


1812, 2020

FODMAP-Diät und Reizdarmsyndrom

Dezember 18th, 2020|Kategorien: Fructoseintoleranz, Histaminintoleranz, Mikrobiom|Schlagwörter: , , , |0 Kommentare

Wie wirken FODMAPs wirklich bei Reizdarm? Wer unter einem Reizdarm leidet, dem wird in der Regel die so genannte FODMAP Diät empfohlen. Sie soll für die Patienten besonders gut Mehr lesen!

2311, 2020

Krank ohne Diagnose: Die Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO)

November 23rd, 2020|Kategorien: Mikrobiom|Schlagwörter: , , |0 Kommentare

Die Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) wird oft verkannt Grundsätzlich gibt es viele nützliche Bakterien in der Darmregion. Allerdings sollten diese sich nicht in übermäßiger Anzahl im Dünndarm aufhalten – sonst spricht Mehr lesen!

1311, 2020

Wie ein Darmbakterium das Gewicht reguliert

November 13th, 2020|Kategorien: Mikrobiom|Schlagwörter: , , |0 Kommentare

Akkermansia hält uns schlank und gesund Das menschliche Darm-Mikrobiom tritt in letzter Zeit zunehmend als Mediator zwischen Gesundheit und Krankheit seines Wirtes hervor und das Bakterium Akkermansia muciniphila scheint Mehr lesen!

1610, 2020

Die Darmflora in der Altersforschung

Oktober 16th, 2020|Kategorien: Mikrobiom|Schlagwörter: , , |0 Kommentare

Wie unser Darm-Mikrobiom uns alt aussehen lässt Die Bedeutung der Gemeinschaft unserer Darmbakterien auf unsere Gesundheit wurde lange unterschätzt. Heute ist bekannt, wie wichtig ein gesundes Mikrobiom auch für Mehr lesen!

1507, 2020

Studie: Mikrobielle Darmbesiedelung hilft bei Depressionen

Juli 15th, 2020|Kategorien: Mikrobiom|Schlagwörter: , , , , |0 Kommentare

Zustand der Darmflora beeinflusst Gehirn und Nerven Einem Bericht der Brighton & Sussex Medical School (www.bsms.ac.uk) zufolge haben Pro- und Präbiotika einen positiven Einfluss auf die Darm-Hirn-Achse (Gut-brain-axis), über Mehr lesen!

Nach oben