Akkermansia hält uns schlank und gesund
Das menschliche Darm-Mikrobiom tritt in letzter Zeit zunehmend als Mediator zwischen Gesundheit und Krankheit seines Wirtes hervor und das Bakterium Akkermansia muciniphila scheint dabei ein Global Player zu sein.
Zu den vielen Erkrankungen, die mit einer Dysbalance des Mikrobioms in Verbindung gebracht werden zählen Übergewicht, Typ 2 Diabetes und Fettstoffwechselstörungen. Und in letzter Zeit mehren sich die Erkenntnisse dass A. muciniphila dabei eine bedeutende Rolle spielt.
Wer ist nun dieser Akkermansia muciniphila?
Das Darmbakterium wurde erst 2004 entdeckt. Es besiedelt die Darmschleimhaut bevorzugt im mittleren Bereich des Dickdarms und macht etwa drei bis fünf Prozent der Darmbakterien des Menschen aus. Das ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, dass weit mehr als hundert verschiedene Arten unseren Darm besiedeln – und bis vor 15 Jahren wusste man nichts von ihrer Existenz. Überträgt man das auf die Bevölkerung der Menschen auf der Erde, ist das etwa so, als hätte man von der Existenz der USA erst im vergangenen Jahrzehnt erfahren.
Die Besiedlung des Darms mit nützlichen, probiotischen Bakterien ist von entscheidender Bedeutung für seine Gesunderhaltung. Die regelmäßige Zufuhr von “positiven” Darmbakterien unterstützt das harmonische Gleichgewicht der Bakterienstämme, denn pathogene Bakterien und Pilze werden von nützlichen Darmbakterien aus ihrem Lebensraum verdrängt. Abdigan Kapseln wurden speziell zu diesem Zweck entwickelt. Sie bieten ein großes Spektrum an hochdosierten Lebendkulturen, die in einer gesunden Darmflora vorkommen. Mit nur einer Kapsel pro Tag leisten Sie so einen entscheidenden Beitrag für Ihre Darmgesundheit. Mehr Info… (gesponsert)
Akkermansien siedeln auf der Darmschleimhaut und ernähren sich von den Mucinen auf deren Oberfläche. Mucine sind Glycoproteine, also Proteine, die einen Zuckeranteil tragen. Dieser Zuckeranteil ist mit 60 – 80% sehr hoch und bietet den Bakterien damit reichlich Nahrung. Indem sie die Mucine abknabbern, zwingen sie den Wirt dazu, die Schleimschicht ständig zu erneuern. Und das ist gut so, denn eine frische Schleimschicht ist eine gute Schleimschicht. A. muciniphila regt die Erneuerung der Mucusschicht ständig an und trägt dadurch dazu bei, die Darmbarriere aufrecht zu erhalten.
Wenn man die Akkermansien ärgert…
Akkermansien lieben es, den Zucker von der Darmschleimhaut zu knabbern, aber Fett mögen sie gar nicht. Mit einer fettreichen Ernährung kann man den Anteil der Akkermansien an der Bakterienpopulation um den Faktor 100 reduzieren – jetzt leben plötzlich nur noch drei Millionen Menschen in den USA. Hoffentlich schaffen die es, den Laden am Laufen zu halten.
Als Folge wird die Mucusschicht der Darmschleimhaut dünn und die Barrierefunktion gestört. Bei einer ausreichenden Besiedelung mit Akkermansien belegen diese Bakterien die Bindungsstellen auf der Oberfläche der Darmschleimhaut und halten diese dadurch dicht. Die Bindung erfolgt vermutlich über ein Oberflächenprotein der Bakterien, Amuc_1100, das an bestimmte Immunrezeptoren der Darmschleimhaut bindet. Im Idealfall sitzt eine dicke Schicht Akkermansia in einer ebenso dicken Schicht Schleim und das hält alles fern, was wegbleiben soll.
Fehlt beides oder sind die Schichten geschwächt, können so genannte Endotoxine vermehrt in den Blutkreislauf des Wirtes gelangen. Dabei handelt es sich um Lipopolysaccharide (LPS), Bestandteile der bakteriellen Zellwand, die im Wirt Entzündungsreaktionen hervorrufen und Stoffwechselkrankheiten vorantreiben können, was letztlich zu Leberentzündungen, Fettleber, Insulinresistenz und Typ 2 Diabetes führen kann.
Eine Studie bestätigt die Hypothese
Diese zunächst tierexperimentellen Befunde konnten neuerdings durch eine Studie am Menschen belegt werden. Schon länger ist bekannt, dass bei Übergewicht oder Diabetes der Anteil an Akkermansia im Darmmikrobiom stark reduziert ist. In dieser Studie sollte nun versucht werden, die fehlenden Akkermansien zu ersetzen. Vierzig übergewichtige, insulinresistente Teilnehmer erhielten in einer Placebo-kontrollierten Studie täglich für drei Monate entweder 1010 lebende oder pasteurisierte A. muciniphila Zellen oder ein Placebo.
Es zeigte sich, dass durch die Einnahme der Bakterienzellen alle untersuchten Parameter verbessert werden konnten:
Insulinresistenz und Hyperinsulinämie gingen deutlich zurück und auch der Cholesterinspiegel sank. Dazu kam eine leichte Abnahme des Körpergewichts und Hüftumfangs. Auch die Entzündungsmarker und Leberwerte verbesserten sich, wobei die Zusammensetzung der Bakteriengesellschaft insgesamt unverändert blieb.
Auch tote Bakterien sind nützlich
Interessant ist dabei, dass diese Ergebnisse auch mit abgetöteten Bakterien erzielt werden konnten. Offensichtlich wird das verantwortliche Protein, Amuc_1100, durch das Abtöten der Bakterien in dieser Funktion nicht gestört. Das ist sehr gut, denn Akkermansien sind strikt anaerobe Bakterien, für die Luftsauerstoff hochgiftig ist. Das würde es erschweren, lebende Zellen als Probiotikum zu verabreichen. Dazu kommt, dass lebende A. muciniphila Zellen in der EU nicht ohne klinische Studien als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden dürfen, abgetötete Zellen dagegen schon.
Aus eigener Zucht: Akkermansia kann man mit Präbiotika vermehren
Eine weitere Möglichkeit, in den Nutzen der freundlichen Darmbakterien zu gelangen ist, sie mithilfe von Präbiotika anzufüttern. Diese Methode bietet sich im Erwachsenenalter an, falls einem die nützlichen Bakterien abhanden gekommen sein sollten.
Dann hilft es, reichlich Präbiotika, also Futter für Bakterien, in den Speiseplan einzubauen. Akkermansia liebt, neben den Mucinen der Darmschleimhaut, auch resistente Stärke und Polyphenole. Und obwohl es eigentlich kein Fett mag, macht es bei Omega-3- Fettsäuren eine Ausnahme.
Resistente Stärke entsteht, wenn stärkehaltig Nahrungsmittel wie etwa Kartoffeln nach dem Garen abkühlen. Sie ist für unsere Verdauungsenzyme dann nicht mehr zugänglich und wird dadurch zum Ballaststoff. Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe. Oft handelt es sich um Farbstoffe in Salat und Gemüse, deswegen ist es wichtig, möglichst bunt zu essen. Omega-3-Fettsäuren sind in fetten Kaltwasserfischen wie Lachs, aber auch manchen Pflanzenölen wie Lein- oder Rapsöl reichlich enthalten.
Lebensmittel, die das Wachstum von Akkermansia muciniphila fördern
Resistente Stärke
- Samen
- Getreidekörner
- Grüne Bananen
- Gekochte, abgekühlte Kartoffeln
- Gekochter, abgekühlter Reis
- Gekochte, abgekühlte Nudeln
- Mais
- Linsen
- Erbsen
- Bohnen
- Soja
- Lupinen
- Erdnüsse
Polyphenole
- Salate
- Artischocken
- Zwiebeln
- Spinat
- Paprika
- Chicorèe
- Pflaumen
- Schwarze Johannisbeeren
- Kirschen
- Äpfel
- Haselnüsse
- Mandeln
- Walnüsse
- Pekannüsse
- Nelken
- Pfefferminze
- Sternanis
- Dunkle Schokolade
- Kaffee
- Rotwein
Omega-3-Fettsäuren
- Rapsöl
- Walnussöl
- Leinöl
- Hanföl
- Chiaöl
- Perillaöl
- Schellfisch
- Makrele
- Thunfisch
- Lachs
- Forelle
- Sardine
- Rosenkohl
- Bohnen
- Spinat
- Avokado
- Chia-Samen
- Walnüsse
- Leinsamen
- Mandeln
- Soja
Muttermilch nährt nicht nur das Baby
Die Besiedlung mit Akkermansia findet schon sehr früh im menschlichen Leben statt und die Bakterien erhalten durch die Hilfestellung ihres Wirtes einen Vorsprung für ihre Besiedlung: Die humane Milch enthält Oligosaccharide, die denen der Mucine stark ähneln. Die Akkermansien sind in der Lage diese abzubauen, was nicht selbstverständlich ist, angesichts der Vielfalt an verschiedenen Enzymen, die dazu nötig sind. Sie sind eben echte Spezialisten. Somit steht ihnen eine Nahrungsquelle zur Verfügung, die ihnen im Wettlauf mit anderen Bakterien einen Vorteil verschafft. Solche HMO (Human Milk Oligosaccharides) sind heute schon als präbiotisches Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Quellen:
Depommier C, Everard A, Druart C, et al. Supplementation with Akkermansia muciniphila in overweight and obese human volunteers: a proof-of-concept exploratory study. Nat Med. 2019;25(7):1096-1103. doi:10.1038/s41591-019-0495-2
Rodríguez-Daza MC, Roquim M, Dudonné S, et al. Berry Polyphenols and Fibers Modulate Distinct Microbial Metabolic Functions and Gut Microbiota Enterotype-Like Clustering in Obese Mice. Front Microbiol. 2020;11:2032. Published 2020 Aug 26. doi:10.3389/fmicb.2020.02032
Kostopoulos I, Elzinga J, Ottman N, et al. Akkermansia muciniphila uses human milk oligosaccharides to thrive in the early life conditions in vitro. Sci Rep. 2020;10(1):14330. Published 2020 Aug 31. doi:10.1038/s41598-020-71113-8
Fotonachweis: (c) adobe media, Schlank und gesund mit Akkermansia muciniphila, complete this task, von Viacheslav Iakobchuk
AUTORIN
Dr. Evelyn Zientz
KATEGORIE
Mikrobiom
GEPOSTED AM
13. November 2020
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